Der Oktober 2023 hält bedeutende Neuerungen für die Marktkommunikation bereit
AS4, Universalbestellprozess, Netzzugangsregeln Emobilität 2, Sperrprozess Gas
Herbst 2023 – für die Marktkommunikation in der Energiewirtschaft stehen einige Veränderungen bevor: Wie in den vergangenen Jahren hat die Bundesnetzagentur auch in diesem Jahr zum 01. Oktober 2023 einige Beschlüsse zur zukünftigen Absicherung und Prozessoptimierung der elektronischen Marktkommunikation Strom & Gas festgelegt. Unternehmen müssen sich unter anderem auf folgende Anpassungen vorbereiten: die Einführung von AS4 für die elektronische Marktkommunikation, diverse Formatupdates und Trennung UTILMD Strom und Gas, die Einführung des Universalbestellprozesses, die Netzzugangsregeln Emobilität 2 und der Sperrprozess Gas.
Im Folgenden werden die Herausforderungen, die sich durch die Herbst-Anpassungen 2023 für die MaKo konkret ergeben, vorgestellt:
Einführung von AS4 für die elektronische Marktkommunikation
Die Sicherheit im elektronischen Datenaustausch wird im Bereich Strom in der MaKo weiter vorangetrieben: Bislang sind E-Mails als Kommunikationsmittel und für den Austausch von EDIFACT-Nachrichten weit verbreitet. Da sie aber ein gewisses Risiko wie beispielsweise keine garantierte Zustellung oder keine automatische Bestätigung des Empfangs mit sich bringen, soll ab Herbst 2023 nun AS4 für den sicheren Austausch von Geschäftsdokumenten über das Internet eingeführt werden. Vorteil von AS4 (Applicability Statement 4): Es bietet eine sichere und zuverlässige Übertragung von EDIFACT-Nachrichten – auch bei großen Datenmengen -, ist für komplexe Geschäftsumgebungen geeignet und ermöglicht Nachrichtenzustellungsgarantien und Empfangsbestätigungen. Da AS4 aber eine spezielle Software erfordert und komplexer in der Einrichtung und Anwendung ist, sollten Unternehmen folgende Schritte zur Umstellung der elektronischen Marktkommunikation Strom beachten:
Umstellung des Übertragungswegs: Um einen automatischen Wechsel des Übertragungswegs auf AS4-Webservice zu ermöglichen, muss der AS4-Adapter bestimmte Services wie bspw. das Übertragen von EDIFACT-Übertragungsdateien und den Service „Wechsel des Übertragungswegs“ unterstützen.
Aufforderung zum Wechsel des Übertragungswegs: Der Wechsel des Übertragungswegs erfolgt je Marktpartner-ID und beinhaltet immer die gesamte Kommunikation zwischen diesen beiden Marktpartnern in der jeweiligen Rolle. Das heißt, wenn Marktpartner A den zurzeit mit Marktpartner B genutzten Übertragungsweg auf den AS4-Webservice wechseln möchte, sendet er eine AS4-Nachricht mit bestimmten Services und Actions.
Antworten auf die Aufforderung zum Wechsel: Wenn Marktpartner B dem Wechsel zustimmt, darf er ab Empfang der Umstellungsaufforderung den Übertragungsweg in Richtung Marktpartner A einseitig wechseln. Marktpartner B informiert Marktpartner A unverzüglich darüber nach der Umstellung mittels einer AS4-Nachricht. Wenn Marktpartner B dem Wechsel nicht zustimmt, ist keine gesonderte Nachricht an Marktpartner A erforderlich.
Konsequenzen der Antwort auf die Aufforderung zum Wechsel: Wenn Marktpartner A eine Antwort auf seine Wechselaufforderung erhält, darf er den Wechsel auch in die Gegenrichtung durchführen. Die Umstellung kann sofort, muss aber spätestens am folgenden Werktag erfolgen. Wichtig: Beide Marktpartner müssen weiterhin Nachrichten über den alten Übertragungsweg und über AS4 empfangen können.
Störung der AS4 Kommunikation: Bei einer Störung der Kommunikation kann jeder Marktpartner innerhalb der Übergangsphase wieder auf den alten Übertragungsweg zurückwechseln. Ist die Störung behoben, muss die Kommunikation wieder auf den Übertragungsweg AS4 umgestellt werden.
Fristen für die Marktumstellung: Innerhalb von 6 Wochen nach Beginn der/m Übergangsphase/Parallelbetrieb sollen alle Marktpartner die Kommunikation auf den Übertragungsweg AS4 umgestellt haben. Mit dem 31. März 2024 enden Übergangsphase und Parallelbetrieb. Ab dem 01. April 2024 00:00 Uhr ist permanent auf den Übertragungsweg AS4 umzustellen. Über die bisher genutzten Übertragungswege – auch im Störungsfall – dürfen dann fortan keine Nachrichten mehr ausgetauscht werden.
Einführung des Universalbestellprozesses
Neben der Umstellung auf AS4 bringt auch die Umsetzung zur Festlegung zur prozessualen Abwicklung von Steuerungshandlungen in Verbindung mit intelligenten Messsystemen einige Änderungen mit sich, die jedoch unterschiedlich tief ausgeprägt zum 01. Oktober „gelebt“ werden können:
Einführung der Netzlokation und initiale Übermittlung von deren ID: Ab dem 01. Oktober 2023 kann die Netzlokations-ID (NeLo-ID) inklusive der weiteren Stammdaten der Netzlokation in der Bestätigung der Anmeldung, in der Anmeldung zur Ersatz-/Grundversorgung oder Bestätigung der Anmeldung des MSB übertragen werden. Unabhängig davon ist die Netzlokation aber erst ab dem 01. Januar 2024 als gültig zu verstehen. Ob und wo die Netzlokation für nötig erachtet und erstellt wird, entscheiden primär die VNB, die keine Use Cases, da sie keine Blindarbeit abrechnen und zudem noch keine Steuerhandlungen über iMS ausführen können.
Einführung der technischen Ressource und initiale Übermittlung deren ID: Um innerhalb einer Marktlokation die technischen Einrichtungen (wie z. B. eine Wärmepumpe, Nachtspeicherheizung, Wallbox) für die Marktkommunikation mit Hilfe der TR-ID transparent zu machen, wird mit der BNetzA-Festlegung BK6-22-128 zum 01. Oktober 2023 das Objekt der technischen Ressource (TR) – einer Anlage zur Erzeugung oder Speicherung von elektrischer Energie – notwendig.
Einführung der steuerbaren Ressource und initiale Übermittlung deren ID: Um die Konfigurationsprodukte „Schaltzeitdefinition“ und „Leistungskurvendefinition“ für technische Ressourcen (TR), die über einen Steuerkanal mit einer Steuereinrichtung verbunden sind, zu bestellen, wird mit der BNetzA-Festlegung BK6-22-128 zum 01. Oktober 2023 das Objekt der steuerbaren Ressource (SR) – eine Steuerungsanlage für eine oder mehrere technische Ressourcen – notwendig.
Schaltzeitdefinitionen und Leistungskurvendefinitionen: Sofern der LF vorsieht, eine Schaltzeit- und Leistungskurvendefinition ab dem 01. Januar 2024 zu verwenden, muss er das beschriebene Vorgehen einhalten. Die Schaltzeit- und Leistungskurvendefinitionen müssen vom VNB an LF verteilt und dort zumindest persistiert werden. Diese können darüber hinaus auch reklamiert werden, was gegebenenfalls bilaterale Klärungen nach sich zieht.
Anwendung der BDEW-API: Die neuen Regelungen des Universalbestellprozesses betreffen umfangreiche Weiterentwicklungen der bestehenden prozessualen Regelwerke GPKE und WiM Strom, die ab dem 01. Oktober 2023 in der Sparte Strom anzuwenden sind. Abweichend hierzu findet der in der GPKE enthaltene Use-Case „Steuerbefehl vom NB oder LF an MSB“ für die Abwicklung über API-Webdienste erst ab dem 01. April 2024 seine Anwendung. Es ist unwahrscheinlich, dass hier vor der Verbreitung entsprechender FNN-Steuerboxen Prozesse durchgeführt werden, da kein Anwendungsfall dafür besteht. Die Dokumentation der BDEW-API zur Übertragung von Netzzustandsdaten und ad-hoc Steuerkanälen über die CLS-Schnittstelle von Smart Meter Gateways ist ebenfalls bisher nicht veröffentlicht worden.
Bestellung von Werten nach Typ 2: Ab dem 16. Oktober 2023, 00:00 Uhr können Werte nach Typ 2 über den GPKE-Use-Case „Bestellung einer Konfiguration vom NB oder LF an MSB“ für Lokationen vom NB oder LF beim MSB angefragt und bestellt werden. Auch Werte nach Typ 2, die nicht kostenpflichtig sind, sind erst ab diesem Zeitpunkt zu bestellen.
Einführung neuer Messprodukte für den ESA: Bei Werten, welche der ESA gegenüber dem MSB bestellen kann, handelt es sich um Werte nach Typ 2. Daher wurden die bestehenden Messprodukt-Codes, mit welchen der ESA-Werte nach Typ 2 bestellen kann, im EDI@Energy-Dokument Codeliste der Konfigurationen in das neue Kapitel „Codelisten der Konfigurationen – und Messprodukte für Werte nach Typ 2“ überführt und neue Codes vergeben.
Erforderliche Stammdatenanpassung: Aufgrund der neuen Anforderungen aus dem Universalbestellprozess wurde der Umfang der in der UTILMD austauschbaren Stammdaten erweitert, weswegen Anpassungen in den Systemen der Marktpartner notwendig sind. Sofern dem Netzbetreiber (NB) die für die Kommunikation notwendigen Stammdaten (z.B. SR-ID, TR-ID, Steuerbox/Ton-Rundsteuer-Empfänger/Schaltuhr) vorliegen, kann er die SR-ID sowie dazugehörige, weitere Stammdaten im Rahmen des Einführungsszenarios kommunizieren. Ziel ist es, den Aufwand des Stammdatenaustauschs auf ein Minimum zu reduzieren.
Abrechnung des Messstellenbetriebs: Ab dem 01. Januar 2024 wird der Messstellenbetrieb auf Basis von Artikel-IDs abgerechnet. Um den Messstellenbetrieb weiterhin über den LF abrechnen zu können, ist es notwendig, dass es zu einer entsprechenden Vereinbarung zwischen MSB und LF/NB kommt und ein entsprechend aktualisiertes Preisblatt vom MSB an LF und NB versendet wird.
Initiale Übermittlung von Kontaktdaten: Mit der BNetzA-Festlegung BK6-22-128 werden die Marktrollen BIKO, BKV, ÜNB und ESA in diesen Prozess aufgenommen. Für die neu aufgenommenen Kombinationen aus Marktrollen sind ab dem 1. Oktober 2023, 00:00 Uhr bis zum 16. Oktober 2023, 00:00 Uhr die Kontaktdaten einmalig initial unter Verwendung des GPKE-Use-Cases „Initialübermittlung und Aktualisierung von Kommunikationsdaten“ zu übermitteln.
Aktualisierung der Kontaktdaten bei vorhandenen Kombinationen aus Marktrollen: Für die vorhandenen Kombinationen aus Marktrollen sind ab dem 1. Oktober 2023, 00:00 Uhr bis zum 16. Oktober 2023, 00:00 Uhr die Kontaktdaten unter Verwendung des GPKE Use-Cases „Initialübermittlung und Aktualisierung von Kommunikationsdaten“ zu aktualisieren.
Diverse Formatupdates und Trennung UTILMD Strom/Gas
Aufgrund der steigenden Komplexität des UTILMD-Formats, wurde von der Bundesnetzagentur entschieden, zwei verschiedene Formate für die Medien Strom und Gas zu entwickeln. Diese Trennung sowie weitere Formatupdates für fast alle EDI-Nachrichten, haben aber keine direkten, tiefgreifenden und prozessualen Auswirkungen auf MaKo-Prozesse – auch wenn sie alle Marktrollen betreffen.
Netzzugangsregeln Emobilität 2
Attraktivität steigern, Anwendung vereinfachen – das will die Bundesnetzagentur mit ihrer Erweiterung der „Netzzugangsregeln zur Ermöglichung einer ladevorgangscharfen bilanziellen Energiemengenzuordnung für Elektromobilität (NZR-Emob)“ erreichen. Hierfür muss der CPO (Charging Point Operator) – zu Deutsch: Ladepunktbetreiber (LPB) – aber zunächst ladevorgangscharf bilanzieren, abrechnen und Energiemengen zuordnen können, weshalb er beim ÜNB ein regelzonenweites Bilanzierungsgebiet (BG) anfragen muss. So wechselt der CPO nun vom klassischen Ladepunkt-Modell (Bilanzierung an der MaLo) zur ladevorgangscharfen Bilanzierung im BG. Hinweis: Für die Umstellung auf dieses zweite Modell finden sich im Internet aktuelle Prozessdokumente sowie vertragliche Grundlagen als Muster-Zusatzvereinbarung, in denen auch die zum 01. Oktober 2023 gültigen neuen Datenformate sind, die im Grunde als Erweiterung der GPKE sowie der MaBiS zu sehen sind und VNB, LF und ÜNB betreffen.
Zur Umstellung des Systems müssen je nach Stammdatenarchitektur und Prozesslage folgende Überlegungen angestellt werden: soll für den NB (CPO) eine gänzlich neue Serviceart angelegt werden oder ist eine bestehende VNB-Serviceart nutzbar bzw. sinnvoller? Grundsätzlich bedarf es wenigstens des einmaligen oder regelmäßigen Aufbaus oder der Anpassung folgender Stammdaten(-objekte):
-Das neue Bilanzierungsgebiet des CPO ist anzulegen (ggfs. bereits in UTILMD-Prozess der MaBiS automatisiert erfolgt).
-Der CPO ist als Serviceanbieter mit der Serviceart VNB oder neu VNB CPO anzulegen.
-Die relevanten Datenaustauschprozesse und Serviceanbietervereinbarungen sind analog zu bestehenden VNB-Serviceanbietern neu auszurollen oder abhängig von der Serviceart zusätzlich gänzlich neu zu definieren.
-Für die Bilanzierung der Netzübergabestellen ist eine Bilanzierungseinheit anzulegen.
-Zur Bilanzierungseinheit sind über den Bilanzierungs-Wizzard entsprechende Bilanzierungsparameter anzulegen.
-Es empfiehlt sich der Aufbau zwei neuer Versorgungsszenarien für den EMOB-Zählpunkt der NGZR und die bilanzielle Abgrenzung der entsprechenden E-Ladesäulen Marktlokation.
-Aufbau und Aktivierung eines neuen NZR (eMob) MABIS-ZP (beim BIKO) wie bisher
-Aufbau des neuen EMOB-Zählpunktes für NGZR. Ggfs. in Anlehnung bestehender NGZR-Zählpunkte
-Aufbau einer neuen EMOB-Anlage zum NGZR-ZP
Aus Sicht des Energiedatenmanagements ist prozessual vor allem die bilanzielle Abgrenzung der Marktlokation sowie die Anpassung des Messwertversands zu gewährleisten. Aus Abrechnungssicht ist die MaLo gegenüber dem Lieferanten wie gewohnt zu behandeln.
Sperrprozess Gas
Mit dem Fokus auf die Abrechnung von Sperr- und Entsperrkosten sowie der Übergangsphase von der aktuellen Prozessabwicklung zu den neuen digitalen Prozessen werden zum 01. Oktober 2023 die bekannten Sperrprozesse für Gasmessstellen eingeführt: So werden ab diesem Zeitpunkt die Kosten für die Unterbrechung und Wiederherstellung der Anschlussnutzung auf Anweisung des Lieferanten sowie die Abrechnung der Verzugskosten unter Nutzung der entsprechenden Artikel-ID abgerechnet. Die zu verwendenden Artikel-IDs sind für die Sparten Strom und Gas identisch.
In Bezug auf das Preisblatt ist zudem zu beachten, dass eine initiale Übermittlung des elektronischen Preisblattes durchgeführt werden muss, in dem Sperr-/Entsperrkosten enthalten sind. Des Weiteren muss die Durchführung und Abrechnung einer technischen Druckprüfung im Rahmen einer Wiederinbetriebnahme der Anschlussnutzung auf Anweisung des Lieferanten außerhalb der Marktkommunikation erfolgen, womit sie nicht Bestandteil der BDEW-Anwendungshilfe „Sperrprozesse Gas“ ist.
Fazit
Ab 01. Oktober 2023 gibt es für MaKo-Verantwortliche in der Energiewirtschaft einige Herausforderungen zu meistern: Gehen sie dabei aber Schritt für Schritt vor und vertrauen bspw. auf Berater eines Full-Service-Dienstleisters wie Mako365, wird diese Umstellung erfolgreich gelingen.
Autor: Philipp Nagel, Geschäftsführer Mako365 GmbH
Die Mako365 GmbH ist ein Full-Service-Dienstleister für energiewirtschaftliche Prozesse und Marktkommunikation mit Sitz in Mannheim. Das ca. 30-köpfige Team bringt einen großen Erfahrungsschatz in der Energiewirtschaft ein: Es berät beim Aufbau der Marktrolle als Messstellenbetreiber oder Energieserviceanbieter, wickelt WiM-Prozesse, Marktkommunikation und Gateway-Administration operativ ab und bietet Monitoring von Effizienz der Prozessdienstleistung und Dienstleistersteuerung. Im Zentrum des Portfolios steht eine Lösungsplattform für Unternehmen des deutschen Energiemarktes, um einen hohen Prozessautomatisierungsgrad zu erreichen.
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